Die Smart Cabin erhält Verbindung zum Boden
Das ambitionierte Forschungsprojekt i+sCabin2.0 verbindet die intelligente Flugzeugkabine mit dem Boden und ermöglicht es Fluggesellschaften, durch künstliche Intelligenz eine zuverlässigere Kabine und einen erhöhten Passagierkomfort zu schaffen.
Das erste i+sCabin-Forschungsprojekt der beteiligten Unternehmen und Institutionen hat Anfang 2018 eine neue Datenlösung in der Passagierkabine hervorgebracht. Vernetzte Komponenten wie Bordküchen, Toiletten, Sitze, Oberflächen und Gepäckfächer wurden technisch so ausgestattet, dass sie Informationen bereitstellen und austauschen können. Erstmalig wurde damit die Grundlage geschaffen, um den technischen Zustand der Flugzeugkabine auf einen Blick zu erfassen. Die Ergebnisse des ersten Forschungsprojekts waren so vielversprechend, dass sich die Allianzpartner schnell auf ein Folgeprojekt einigten.
Der Ansatz des neuen Forschungsprojekts i+sCabin2.0 besteht darin, Daten, die während des Fluges aus der Kabine gewonnen werden, mit Bodenstationen auszutauschen, um sie mit Hilfe künstlicher Intelligenz automatisch zu verarbeiten und auszuwerten.
Ein wichtiger Antrieb für dieses Forschungsprojekt ist es, den Flugverkehr noch sicherer und passagierfreundlicher zu machen. Die Smart Cabin wird mithilfe hochentwickelter Systeme und Sensoren umfassende Informationen generieren und vernetzen, um ein aktuelles Gesamtbild des Zustands der Kabine zu liefern. Die Fluggesellschaften werden in der Lage sein, diese Informationen über die gesamte Kabinenumgebung abzurufen und Entscheidungen über die Wartungsarbeiten in Echtzeit zu treffen.
Diese Daten werden auch eine neue Ebene der präventiven Instandhaltung ermöglichen. Ein drahtloses intelligentes Kabinen-Netzwerk, das als offene Plattform konzipiert ist, wird die intelligenten Anwendungen, Sitze, Küchen, Toiletten und Oberflächen miteinander verbinden. Die intelligenten Anwendungen werden den aktuellen Status der Systeme ermitteln und eine Voraussage über Systeme liefern, die möglicherweise repariert oder ausgetauscht werden müssen. Diese Informationen werden Fluggesellschaften helfen, eine präventive Instandhaltung durchzuführen, um die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Kabinenausstattung und ihrer zahlreichen Funktionen zu gewährleisten.
Eine intelligente, vernetzte Kabine, die mit dem Boden kommuniziert, kann die Wartungsplanung optimieren, die Verfügbarkeit von Flugzeugen erhöhen, Prozesse digitalisieren und standardisieren und letztlich dazu beitragen, dass Flugzeuge planmäßig fliegen und Passagiere mit ihrem Flugerlebnis zufrieden sind.
Weitere Anwendungen zur Vernetzung von Passagieren und Flugbegleitern sind bereits in der Entwicklung. Diese neuen Funktionen werden den Komfort, den Service und die Abläufe in der Kabine erheblich verbessern, indem sie die Bedürfnisse der Passagiere vorausschauend erkennen.
Unter der Verbundführerschaft des deutschen Luftfahrtzulieferers Diehl Aerospace hat sich eine Vielzahl von Unternehmen – auch Wettbewerber – zusammengefunden, um gemeinsam an der Erreichung dieser ehrgeizigen Ziele zu arbeiten. Industrielle Verbundpartner sind Bühler Motor Aviation GmbH, Diehl Aerospace (Verbundführer), Diehl Aviation, Jeppesen GmbH, Safran Cabin Germany GmbH und Thales Deutschland GmbH. Als wissenschaftliche Verbundpartner sind die Duale Hochschule Baden-Württemberg und die Technische Universität Hamburg beteiligt. Unterauftragnehmer sind ANS GmbH, das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration, LightnTec GmbH, SWMS Systemtechnik Ingenieurgesellschaft, die Technische Universität Darmstadt, die Technische Universität Dresden, TUTECH Innovation GmbH und das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung GmbH.
Assoziierte Partner sind Airbus Operations GmbH, ANS GmbH, The Boeing Company, NEVEON Austria GmbH und Thales.
Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg forscht am Technikcampus Friedrichshafen an intelligenten Flugzeugkabinen
Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DBHW) Ravensburg erforscht in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kabinensysteme der Technischen Universität Hamburg (TUHH) einen Ansatz für modellbasiertes Systems Engineering (MBSE) für das i+sCabin2.0 Projekt. Der MBSE Ansatz ermöglicht eine gemeinsame Entwicklung intelligenter und smarter Kabinensysteme im Projektkonsortium. Das Ziel der DHBW Ravensburg ist die Weiterentwicklung und Erprobung einer modellbasierten Systems Engineering-Methodik zur Unterstützung des Entwicklungs- und Zulassungsprozesses komplexer technischer Systeme von Luftfahrzeugen.
Aktuell sind intelligente Systeme und die Digitalisierung Megatrends, welche für den Luftfahrtsektor von besonderer Relevanz sind. Mit einer steigenden Anzahl an neuen digitalen Geräten, Netzwerken und intelligenten Produkten werden Cybersicherheit und digital unterstützte Entwicklungsmethoden immer wichtiger.
Basierend auf dem MBSE-Ansatz arbeitet das Team der DHBW Ravensburg an datenwissenschaftlichem Edge-Computing für die Kabine sowie an der Entwicklung neuer Methoden für einen modellbasierten Simulationsprozess für einen intelligenten Kabinenbetrieb. Der Ansatz stellt den Ausgangspunkt für eine methodische Unterstützung des Zertifizierungsprozesses mit besonderem Fokus der Cybersicherheit und der Lufttüchtigkeit von Luftfahrtsystemen dar.
Der steigende Bedarf an Digital Engineering beeinflusst zunehmend die klassische Luft- und Raumfahrttechnik und bewirkt eine Transformation der benötigten Kompetenzen und Qualifikationen zukünftiger Arbeitskräfte in der Luft- und Raumfahrt. Die Universitäten stehen in der Verantwortung, die Absolvent*innen mit modernen Fähigkeiten auszustatten, um zukünftigen Anforderungen der Industrie gerecht zu werden und so den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Die Mitarbeit in dem Forschungsprojekt ermöglicht es der DHBW Ravensburg, ihre Expertise speziell in den Bereichen Data Science, intelligente Nutzung digitaler Werkzeuge und Einsatz von MBSE für effizientere Entwicklungsprozesse zu erweitern und diese in die Curricula der Studiengänge Luft- und Raumfahrttechnik und Systems Engineering einfließen zu lassen.
Das Forschungsprojekt i+sCabin2.0 ist Anfang 2022 gestartet. Mitte 2023 werden die ersten Forschungsergebnisse erwartet. Es ist beabsichtigt, die zentralen Neuerungen in einem Technologie-Demonstrator darstellbar und erlebbar zu machen.
i+sCabin2.0 wird mit Fördermitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert.