Forschung: Do-it-yourself als vielversprechender Ansatz für Assistenztechnologien für Ältere

Der Gedanke, dass es eine moralische Verpflichtung für Forscher gibt, die Welt zu verbessern, ist nicht neu, dennoch trifft man selten auf substantielle Forschung, die eine solche Ansicht praktisch vertritt.“ Diese Aussage stammt von Professor Robert Davison von der City University of Hong Kong, seines Zeichens Editor-in-Chief der international hochrenommierten Zeitschrift Information Systems Journal. Dies nahm er zum Anlass, ein Themenheft mit dem Titel „Responsible Information Systems (IS) Research for a Better World“ aufzulegen. Für die Professoren Tobias Mettler (Universität Lausanne), Stephan Daurer, Michael Bächle und Andreas Judt (alle DHBW Ravensburg) war schnell klar, dass sie sich hier mit einem Beitrag beteiligen möchten. Seit 2015 arbeiten sie bereits im Rahmen des Projekts iCare zusammen. Bei dem Projekt geht es darum, Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf – zum Beispiel Ältere, die möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause anstreben – mit intelligenten und gleichzeitig erschwinglichen IT-basierten Lösungen zu unterstützen.

Im Rahmen des Projekts wurde unter anderem auch an der Problematik, dass es von der technischen Realisierbarkeit einer Lösung über die Marktreife, bis hin zur weiten Verbreitung bei den entsprechenden Zielgruppen ein langer Weg ist, geforscht. Sobald Produkte als Medizinprodukte eingestuft werden, sind umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen und Zertifizierungen nötig, was dann in der Folge die Produkte entsprechend verteuert. Im Mittelpunkt des Projekts iCare standen daher immer schon Lösungen, die mit handelsüblichen, erprobten und kostengünstigen Komponenten realisierbar sind. Um die Zeit bis zur Markteinführung von IT-gestützten Assistenztechnologien (AT) zu beschleunigen, Kosten zu reduzieren und den Zugang zu sonst unerreichbaren AT zu verbessern, wurde im Projekt untersucht, ob Do-it-yourself (DIY) eine machbare und wünschenswerte Alternative zu kommerziellen Anwendungen sein könnte.

Im nun vorliegenden Forschungsbericht konnten folgende Fragen beantwortet werden: (1) Für wen funktioniert der DIY-Ansatz im Kontext von Assistenztechnologien? (2) Unter welchen Umständen funktioniert DIY? und (3) Wie können Forscher den DIY-Ansatz zu einer zufriedenstellenden Erfahrung für Nutzer machen? Die Erkenntnisse, die die Professoren während des iCare-Projekts gesammelt haben, legen nahe, dass DIY sowohl ältere Menschen mit einem bedürfnisorientierten Motiv als auch mit einem hedonistischen Motiv geeignet ist. Es zeigt auch, dass ein partizipativer Ansatz bei der Entwicklung und eine frühzeitige Einbindung von potenziellen Nutzern, ihren Familienmitgliedern und informellen Betreuern vorteilhaft ist, sowohl für die Verbesserung nutzungsbezogener Aspekte als auch für die Verbesserung des Designs der Assistenztechnologien.

Der Forschungsbericht wurde zur Veröffentlichung im Information Systems Journal angenommen und ist online bereits abrufbar. Das Special-Issue-Heft der Zeitschrift ist für 2022 angekündigt. Bei der Zeitschrift handelt es sich um eine führende wissenschaftliche Zeitschrift mit Peer-Review-Verfahren, die alle Aspekte von Informationssystemen abdeckt. Der besondere Schwerpunkt der Zeitschrift liegt auf der Beziehung zwischen Informationssystemen und Menschen, Unternehmen und Organisationen.

Studie:

Mettler, Tobias; Daurer, Stephan; Bächle, Michael A.; Judt, Andreas (2021): Do‐It‐Yourself as a Means for Making Assistive Technology Accessible to Elderly People: Evidence from the iCare Project. In: Information Systems Journal, 1-20. DOI: 10.1111/isj.12352.

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