„Die Hochschule hat mir viel gegeben“
Fast 30 Jahre sind es für Prof. Dr.-Ing. Vaclav Pohl zunächst an der BA und dann an der DHBW Ravensburg geworden – am 30. September ist er nun in den Ruhestand gegangen. Er kam zu einer Zeit, als man für das duale Modell noch Klinkenputzen musste, heute platzt auch sein Studiengang Elektrotechnik – Automation aus allen Nähten und in den 30 vergangenen Jahren konnte er viele Weichen mitstellen, um die Fakultät Technik aufzubauen, die mit aktuell rund 1.500 Studierenden prächtig gediehen ist.
Nein, der Tiefe Süden war für den Bremer Vaclav Pohl zunächst kein Wunschtraum, wie er zugibt. Schnell ist er aber mehr als angekommen und hat mit viel Herzblut die Entwicklung der Fakultät Technik mitgestaltet. Meilensteine dabei waren der Aufbau des Studiengangs Elektrotechnik, die Fokussierung auf die Fahrzeugelektronik oder das noch junge Studienangebot Energie- und Umwelttechnik.
Aber von vorne. „Als ich damals noch in Tettnang angefangen habe, hatte ich sechs Studenten und beim Kollegen Fahr waren es vier“, sagt Pohl. Abwarten und Teetrinken ist nicht sein Ding, „wir müssen was tun!“, so Pohl. Klinkenputzen also. Auch ein Symposium über Fuzzy und neuronale Netze brachte die nötigen Kontakte. Schnell reagierte man an der DHBW auch auf die Entwicklung von immer mehr Elektronik im Auto. „Fahrzeugelektronik in Verbindung mit Informationssystemen hat sich für uns als Türöffner erwiesen“, erinnert sich Pohl. Audi schickte nach einem Besuch auf Anhieb 15 Studierende an den Bodensee, Daimler und viele Zulieferer der Branche folgten. Heute ist die Elektrotechnik der größte Studiengang an der Fakultät Technik an der DHBW Ravensburg. Vaclav Pohl leitet die Studienrichtung Automation. Ebenfalls eine Erfolgsgeschichte. „Der Mensch will auf den Knopf drücken und es soll automatisch laufen – egal, ob es die Kaffeemaschine ist oder die Produktionsstraße“, so Pohl.
Als sich die Möglichkeit zu einem Forschungssemester bot, nutzte Pohl die Gunst der Stunde, sich einem Herzensthema zu widmen: „Wir müssen die Sonnenenergie nutzen!“ Er ging an das renommierte Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Mit seiner Expertise, der Regelungstechnik, war er da genau richtig, denn der Wirkungsgrad von Solaranlagen hängt auch entscheidend von der Nachführbarkeit ab. An der DHBW Ravensburg initiierte er schließlich die neue Studienrichtung Energie- und Umwelttechnik. Am Campus entstand eine Solartankstelle, ein Solarforschungsdach wurde installiert. Ein zartes Pflänzchen, von dem er hofft, dass es sich mit aktuellem gesellschaftlichen Rückenwind zur stolzen Sonnenblume entwickelt.
Motivation für seine Arbeit war ihm immer auch die Lehre. Die Studierenden wussten das zu schätzen und zeichneten ihn mit dem Dozentenlehrpreis aus. Den nutzte er, um in Australien Kontakte zu Hochschulen zu knüpfen – und um in Sydney die Solarlegende Martin Green zu treffen. Immer wieder gerne ist er mit seinen Kursen auch auf Exkursionen gegangen. Ein besonderes Highlight sollte der Abschluss mit dem 18er-Jahrgang werden. Kalifornien und das Silicon Valley waren geplant, Corona macht jedoch einen Strich durch die Rechnung. „Die Idee lebt aber noch, vielleicht holen wir das ein Jahr später nach“, so Pohl. Viele Kontakte sind bis heute geblieben, einige Ehemalige kommen gerne als Dozent*innen an den Campus zurück. Auch im Ruhestand wird Pohl zunächst weiter seine Regelungstechnik lehren – auf Wunsch der Studierenden.
„Die Hochschule hat mir viel gegeben“, sagt Vaclav Pohl zu seinem Abschied. Das beruht sicherlich auf Gegenseitigkeit.