„Vieles wird greifbar, wenn man sich engagiert“

Lara Kroesen und Wolf-Michael Dieter haben sich beim Informatik-Studium am Technikcampus Friedrichshafen der DHBW Ravensburg kennengelernt. Sie engagieren sie sich in der 2015 gegründeten Fahrradwerkstatt, einer Initiative im Helferkreis Asyl St. Columban, an der gemeinsam mit Geflüchteten gebrauchte Fahrräder wieder flott gemacht werden. Wolf-Michael Dieter arbeitet inzwischen bei Airbus und macht seinen berufsbegleitenden Master, Lara Kroesen sattelt mit Freizeitwirtschaft ein zweites DHBW-Bachelorstudium drauf.

Lara Kroesen: Als 2015 viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen haben wir uns gefragt, wie wir helfen können und was wir tun können. Michael hat eine Infoveranstaltung des DRK besucht und ist so zur Fahrradwerkstatt gekommen, die Flüchtlingen hilft, Räder wieder fahrtüchtig zu bekommen. Später bin ich dann auch dazu gestoßen. Wir sind beide fahrradbegeistert und das hat sich als super Kombination erwiesen, seitdem sind wir dabei. Vieles wird greifbar, wenn man sich engagiert.

Wolf-Michael Dieter: Die Fahrradwerkstatt bietet eine gute Möglichkeit, bei der großen Herausforderung der Flüchtlingssituation mitzuhelfen. Außerdem macht das Reparieren von Fahrrädern Spaß und vermeidet unnötigen Müll. Fahrrad fahren ist sowieso eine gute Sache.

Lara Kroesen: Wir erleben in der Fahrradwerkstatt viele verbindende Momente. Dahin kommen Geflüchtete und Asylbewerber aus unterschiedlichen Ländern, da gibt es keine Berührungsängste. Einmal haben mit zwei Jungs buchstäblich unter die Arme gegriffen, ich konnte nach einem Unfall den Arm nicht benutzen und hatte mich einarmig als Handlanger nützlich gemacht. Also war mein gesunder Arm mit Öl und Dreck verschmiert. Die beiden haben mir sehr nett beim Händewaschen geholfen.

Wolf-Michael Dieter: Mit den Kindern gibt es die wenigsten Sprachbarrieren. Die Kinder wollen nach anfänglicher Schüchternheit meistens mit anpacken, das Werkzeug in die Hand nehmen, sich schmutzig machen, Fragen stellen, etwas lernen. Bei den Erwachsenen müssen wir hin und wieder das Missverständnis ausräumen, dass wir keine Dienstleister sind. Manche Kulturen kennen kein Ehrenamt, weil die Menschen sich dort eher in großen Familienverbänden einbringen.  Schön ist aber, dass auch viele Leute kommen, weil sie Hilfe bei einer Reparatur brauchen und dann auch noch woanders mit anpacken. Das ist dann genau das Prinzip der Fahrradwerkstatt. Ein Beispiel ist unser Freund und Kollege Abdul. Er hat ein ganzes Jahr lang mitgeholfen, jetzt ist er im Job, zum Glück für ihn.

Lara Kroesen: Wir fühlen uns in der Fahrradwerkstatt rundum wohl. Die meisten anderen Engagierten sind älter. Aber sie haben uns gut aufgenommen und wir profitieren von ihrer Erfahrung. Ich glaube sogar, die Älteren freuen sich über uns Jüngeren.

Wolf-Michael Dieter: Einige der gespendeten Fahrräder sind Baujahr vor unserer Geburt, echte Liebhaberstücke. Da ist die Technik manchmal eine ganz andere. Aber wenn man einen Kollegen fragt, dann macht das richtig Spaß, das zusammen auszutüfteln und zu reparieren.

Lara Kroesen: Und bei der Digitalisierung ist das genau anders rum. Zum Beispiel die WhatsApp-Gruppe der Fahrradwerkstatt, einige der Engagierten sind dadurch vielleicht sogar erstmals digital unterwegs. Ein echter Wissenstransfer."

Das ursprüngliche Interview von Alexandra Eberhard ist nachzulesen in „Engagiert in Friedrichshafen – Zeitschrift für Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerbeteiligung“, Ausgabe 4/Herbst 2018 (www.engagement.friedrichshafen.de)

 

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