„Wir hoffen, dass sich ein Eigenleben entwickelt“
Herr Fuchs, Sie waren in den vergangenen Jahren mehrmals in der Ukraine und in Georgien. Über Tempus-Projekte der EU haben mehrere Hochschulen Jahre lang ihr touristisches Know-how zum Tourismus mit diesen Ländern geteilt. Die Projekte enden nun, wie fällt Ihre Bilanz aus?
In dem letzten Projekt sind in Georgien und in der Ukraine Kompetenzzentren entstanden. Wir haben Workshops mit Vertretern von Hochschulen, Studierenden, Tourismusverantwortlichen, staatlichen Vertretern und Hoteliers abgehalten, Hilfe bei der Infrastruktur gegeben. Ein Schwerpunkt von Seiten der DHBW Ravensburg lag auf der Dienstleistungskultur und -qualität. Wir haben in dieser Zeit mit vielen hochmotivierten Menschen zusammen gearbeitet. Ich habe die Hoffnung, dass dieser Transfer von Wissen und vor allem die Bildung der institutionalisierten Kompetenzzentren einen nachhaltigen Einfluss haben. Wir hoffen und glauben, dass sich aus diesen Impulsen heraus ein Eigenleben entwickelt.
Was ist ihr persönlicher Eindruck, sind diese Länder eine Reise wert?
Das touristische Potenzial dieser Länder ist enorm und wird unterschätzt, die Natur ist teilweise atemberaubend, viele Städte verfügen in ihrem Kern über historische Schätze. Es fehlt allerdings an guten Strukturen im Tourismus, um dieses Potenzial auszuschöpfen. Dazu kommt, dass der Tourismus stark eingebrochen ist, da diese Länder derzeit mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen haben.
Sie sind mehrmals in die Ukraine und nach Georgien gereist, wie haben Sie diese Länder und ihre Entwicklung erlebt?
Es sind Staaten, die an die Türe der EU klopfen. Die Orientierung nach Westeuropa und die große Hoffnung, in naher Zukunft dazu zu gehören, spürt man allenthalben. Sie alle kämpfen aber mit vielen Schwierigkeiten. Angefangen bei einer Wirtschaft, die am Boden liegt, über die Altlasten des Sozialismus, schwelende Konflikte bis hin zu den angeschlagenen staatlichen Strukturen. Die Korruption ist in diesen Ländern ein dramatisches Problem, und das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt und staatlichen Rahmen. Die politische Unsicherheit steht ständig im Raum, mit einem Russland, dessen Interesse es ist, die Region instabil zu halten. Mein Eindruck ist, dass diesen Ländern droht, zwischen Westeuropa und einem aufstrebenden Asien vergessen und wirtschaftlich abgehängt zu werden.
Das Tempus-Projekt ist nun nach zwölf Jahren beendet, wie kam es zu dem Aus?
Brüssel hat einen Schwenk gemacht. Die Tempus-Projekte gibt es nicht mehr. Die möglichen Folgeprojekte wie Erasmus Plus machen es für die Hochschulen administrativ nicht leicht – daher nun der Ausstieg.